Monochrome: Alberola, da Mata, Bischof, Decrauzat, Golinski, Mercier, Miller, Mosset, Pini, Robert-Tissot, Strunz, Szymankiewicz, Vitone, Yamaoka, Zobernig 28 August—9 October 2010
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Monochrome
Jean-Michel Alberola
Francisco da Mata
Beni Bischof
Philippe Decrauzat
Andreas Golinski
Mathieu Mercier
Gerold Miller
Olivier Mosset
Valentina Pini
Christian Robert-Tissot
Katja Strunz
Malgorzata Szymankiewicz
Luca Vitone
Carrie Yamaoka
Heimo Zobernig
Mit Beschränkung auf nur eine Farbe macht sich die Monochromie zum Sujet was in der Kunst sonst als Gestaltungsmittel fungiert. Die Farbe und ihre Ausdehnung auf der Fläche lässt Charakteristika von Malerei und Skulptur gleichermaßen verstärkt hervortreten: Durch die radikale Reduktion der Farbe tritt diese selbst als absoluter Wert in Erscheinung –zugleich gewinnt mit dem Verlust des Bildsujets ein jedes monochromes Werk an Plastizität. Das Konzept Einfarbigkeit scheint dazu zu führen, dass Gattungsgrenzen verwischt werden, dass monochrome Werke anmuten, sich formal zu ähneln – vermag das übergeordnete Ziel doch die letztmögliche Konzentration und Minimierung von Farbe zu sein. Die Monochromie umreisst damit einen Grenzbereich, der maßgeblich geprägt ist von der Unterschiedlichkeit ähnlicher Phänomene:
Olivier Mosset (*1944) etwa stellt als Verfechter der radikalen Abstraktion den historisch bewährten Platz des Motivs auf der Leinwand infrage. Als Folge dieser Kritik fokussiert er die Farbe als Essenz des Malerischen und stellt damit das Prinzip der Objektivität in den Raum. Entgegen dieser konsequenten Radikalität täuschen die monochromen Werke Carrie Yamaoka’s(*1958) die
Monochrome
Jean-Michel Alberola
Francisco da Mata
Beni Bischof
Philippe Decrauzat
Andreas Golinski
Mathieu Mercier
Gerold Miller
Olivier Mosset
Valentina Pini
Christian Robert-Tissot
Katja Strunz
Malgorzata Szymankiewicz
Luca Vitone
Carrie Yamaoka
Heimo Zobernig
Mit Beschränkung auf nur eine Farbe macht sich die Monochromie zum Sujet was in der Kunst sonst als Gestaltungsmittel fungiert. Die Farbe und ihre Ausdehnung auf der Fläche lässt Charakteristika von Malerei und Skulptur gleichermaßen verstärkt hervortreten:
Durch die radikale Reduktion der Farbe tritt diese selbst als absoluter Wert in Erscheinung –zugleich gewinnt mit dem Verlust des Bildsujets ein jedes monochromes Werk an Plastizität. Das Konzept Einfarbigkeit scheint dazu zu führen, dass Gattungsgrenzen verwischt werden, dass monochrome Werke anmuten, sich formal zu ähneln – vermag das übergeordnete Ziel doch die letztmögliche Konzentration und Minimierung von Farbe zu sein. Die Monochromie umreisst damit einen Grenzbereich, der maßgeblich geprägt ist von der Unterschiedlichkeit ähnlicher Phänomene:
Olivier Mosset (*1944) etwa stellt als Verfechter der radikalen Abstraktion den historisch bewährten Platz des Motivs auf der Leinwand infrage. Als Folge dieser Kritik fokussiert er die Farbe als Essenz des Malerischen und stellt damit das Prinzip der Objektivität in den Raum.
Entgegen dieser konsequenten Radikalität täuschen die monochromen Werke Carrie Yamaoka’s(*1958) die Wahrnehmung – geben ihre verspiegelten, reliefartigen Objekte doch eine Plastizität vor, die viel ausgeprägter erscheint, als sie tatsächlich ist.
Eine weitere Facette monochromer Vielfalt zeigen die reliefartigen Gemälde Beni Bischofs (*1976), die den Wert der Farbe als Material aufzeigen: Strukturelle Höhungen und scharfe Kanten durchziehen seine Arbeiten, vermögen durch externen Lichteinfall die Monochromie zum Leben zu erwecken, zeigen immer neue Licht-und-Schatten Spiele.
Die Schweizer Künstlerin Valentina Pini (*1982) zeigt mit ihren Arbeiten konsequent Qualität und Erscheinungsbild verschiedener Materialien auf. Sie macht sich Graphit, Holz oder Zucker zur gestaltenden Farbe und hebt damit nicht nur die Essenz des Materials in den Vordergrund sondern schafft sich eine erstaunliche Bandbreite an stilistisch differenzierten Arbeiten.
Gerold Miller (*1961), dessen Oeuvre sich der Frage von Bildlichkeit im Grenzbereich von Skulptur, plastischem Objekt und umgrenzter Wandfläche widmet, erschafft seinen Objekten durch die Reduktion der Farbe einen skulptural-bildhaft definierten Raum. In der Ausstellung ist er mit der verkupferten Arbeit „total object 229“ vertreten, die facettenreich die Farbwerte des Materials aufzeigt.
Die Materialität des Metalls spielt auch bei der Arbeit „Monochrome“ von Christian Robert-Tissot (*1960) eine entscheidende Rolle. Die radikale farb- und formreduzierte Arbeit steht dabei mit ihrem Namen nicht nur für die Einfarbigkeit sondern ebenfalls für das Material Chrom, das, mit glatter Oberflächenstruktur seine Umgebung widerspiegelnd, zur Interaktion mit sich selbst auffordert.
Das Oeuvre des Schweizer Künstlers Philippe Decrauzat (*1974) oszilliert zwischen Konstruktivismus, Minimalismus und den Effekten der Op Art, konfrontiert das Betrachterauge mit abstrakten und geometrischen Mustern und optisch verwirrenden Farbeffekten. So irritiert etwa die in Grisailletechnik ausgeführte Arbeit „Untitled“ das Betrachterauge allein durch Farbverlauf und Formgebung und täuscht damit gleichzeitig einen nicht vorhandenen plastischen Effekt vor.
Monochrom, abstrakt und fast kosmisch wirkt das Motiv der Fotografie aus der Serie „100 Cars on Karl-Marx-Allee“ von Mathieu Mercier (*1970) – sie bildet entgegen der ersten Vorstellung aber dennoch einen konkreten Gegenstand ab: Einhundert Nahaufnahmen von Autokarosserien auf Karl-Marx- Alleen in verschiedenen europäischen Städten hat der Künstler für seine Einhundertteilige Serie fotografiert – er stellt mit den grossformatigen Kunstwerken das Auto als eines der meist fetischisierten Industrieprodukte der westlichen Gesellschaft dem Gedankengut des Philosophen Karl- Marx gegenüber.
Der portugiesische Künstler Francisco da Mata (*1968) thematisiert in seinen beiden Arbeiten „I’ve been missing me“ die Monochromie als Essenz des Malerischen: Zum einen stellt er den Platz des Bildmotivs infrage indem er alte Vintagebilder mit Acryllack übermalt und damit den vormaligen Inhalt durch reine Malerei ersetzt. Zum anderen spielt er mit den zweifach ineinander gerahmten Arbeiten subtil an auf die alte kunsthistorische Tradition des Bildes im Bild, der symbolischen Inszenierung künstlerischer Virtuosität.
Die beiden Drucke “Black Angry Wall” der deutschen Künstlerin Katja Strunz (*1970) – mit schwarzer Schrift auf schwarzem Grund inhaltlich kaum fass- und wahrnehmbar, sind einerseits Reminiszenz an Malevitch’s schwarzes Quadrat, andererseits Ausdruck letztmöglicher Abstraktion von Form und Inhalt.
Heimo Zobernig (*1958), beeinflusst von den durch die Moderne entwickelten Positionen der geometrischen Abstraktion, stellt in seinen frühen, in den 1980er Jahren entstandenen Arbeiten, die These der Minimal Art “You get what you see“ auf den Kopf. Auf den ersten Blick wirken die schwarzen Skulpturen wie schwere, industriell gefertigte architektonische Elemente, bei genauem Hinsehen handelt es sich aber um handgearbeitete und vom Künstler signierte Pappskulpturen. Mit Pappe, Sperrholz oder Styropor, als lapidare und brüchige Materialien nicht für die Ewigkeit gemacht, wirft Zobernig subtil die Frage nach Wert, Objekthaftigkeit und Dauer von Kunst auf.
“Ich, Rosa-Luxemburg-Platz” heißt das Kunstprojekt des italienischen Künstlers Luca Vitone (*1964), der drei Monate lang einfarbig weisse Baumwollstoffe dem Wetter aussetzte. Auf den Dächern rund um den Rosa Luxemburg Platz in Berlin spannte Luca Vitone die Stoffe auf und liess sie von Regen, Sonne und Wind zum Kunstobjekt machen. Ohne Farbe und Pinsel agiert Vitone – passiv abwartend – nicht selbst, sondern lässt den Ort gestalten und sein eigenes Autoportrait „malen“.
Der in Berlin lebende Künstler Andreas Golinski (*1979) vollzieht mit seiner künstlerischen Arbeit einen Spagat zwischen der italienischen Arte Povera und einer modernen Variante der Spurensicherung, die im Wesentlichen durch Bilder und Erlebnisse aus seiner Heimat- und Industriestadt Essen geprägt ist. Wenn der Künstler industrielle Objekte wie etwa den in der Ausstellung gezeigten Industriestahlträger pastos in schwarz übermalt, so entzieht er diesem seine ursprüngliche pragmatische Bedeutung. Er bildet ihn nicht als einfachen industriellen Gegenstand ab, sondern erhebt ihn durch Bemalung zum Kunstwerk und zur vielschichtigen Projektionsfläche.
Das Gemälde „Rose“ des französischen Künstlers Jean-Michel Alberola (*1953) erscheint aller Erwartungen gegenüber seines Titels entgegen nicht etwa in smartem Rosa sondern in einem aus vielen Farben gemischten Einheitsbraun. Die individuelle Wahrnehmung fordernd, vermag der auf der Oberkante des Rahmens geschriebene Schriftzug „Rose“ Anreiz zu geben, sich seiner eigenen Wahrnehmung bewusst zu sein und nicht zu sehen, was von aussen als Erscheinung vorgegeben wird.
Die polnische Künstlerin Malgorzata Szymankiewicz (*1980) vermag mit ihren monochromen Arbeiten nicht nur zu überraschen sondern einen Trompe l’oeuil Effekt zu erwirken. Die Grisaillen täuschen eine starke Plastizität und einen reliefartigen Charakter vor, der die abstrakten und ins Zentrum gerückten Motive wie Inseln hervortreten und vermeintlich in den Raum treten lässt.
Als Hypothese monochromen Schaffens, doch ohne ganzheitlichen Anspruch sei mit diesen künstlerischen Positionen ein Querschnitt gezogen über die vergangenen zwanzig Jahre künstlerischer Auseinandersetzung mit dem Thema Monochromie.
Kunstwerke junger aufstrebender ebenso wie international etablierter Künstler zeigen Generationenübergreifend die Aktualität der absoluten Farbreduktion, aber auch die formale, stilistische und inhaltliche Vielfalt von Monochromie.
Trotz differenzierter Vorstellungen und Umsetzungen macht die Präsenz der Farbe in vollkommener Selbstreferenz aller gezeigten Arbeiten die Essenz der Farbe als Material sichtbar. Sämtliche, das Bildobjekt konstituierende Elemente werden zum Gegenstand bildnerischer Reflexion. Farbmaterie und -auftrag, Bildträger und -grösse aber auch Wand- und Raumverhältnissen bilden einen unerschöpflichen Reichtum an Qualitäten und vermögen eine reiche Bandbreite differenzierter Kunstwerke hervorzubringen.
Judith Ribbentrop