Pietro Mattioli: Lunar Caustic 24 March—18 May 2018
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inkjet prints, black synthetic resin paint, 22.1 × -231.6 cm
inkjet prints, black synthetic resin paint, 22.1 × 31.6 cm
inkjet print, black synthetic resin paint, 22.1 × 31.6 cm
inkjet prints, 91.1 × -159.3 cm
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Exhibition view
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o.T. (Lunar Caustic), 2017 - 2018
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o.T. (Lunar Caustic), 2017 - 2018
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o.T. (Schwarze Kirschen / Lunar Caustic), 2017
Text
Die galerie lange + pult freut sich, die Einzelausstellung von Pietro Mattioli in den Zürcher Galerieräumen zu präsentieren.
Der Zürcher Künstler setzt sich mit Fragen der Bildlichkeit in Spannungsfeldern von Flächen und Tiefen, Innen und Aussen auseinander, lotet subtil Grenzen zwischen ikonographischem Einzelbild und übergeordneter Serie aus. Die Funktion des Rahmens wird dabei wichtig, betont die Isolation des Motives innerhalb des Bildes, schafft eine innere Grenze oder versetzt den Bildraum in eine Atmosphäre der Beengtheit oder der Geborgenheit, der Distanzierung oder der besonderen Zuwendung. Wenn Mattioli das Bild aber um seinen Rahmen erleichtert, direkt auf die Wand appliziert oder es wie eine Plastik auf einem Sockel erhebt, stellt er gewohnte Zuordnungen und klassische Sehgewohnheiten infrage. Durch seinen subtilen Umgang mit Bild im Raum wird dieser in seinen Koordinaten neu konstituiert: Wand- und Bildfläche verschränken sich, bilden eine Einheit – Raum wird flächig, Fläche wird räumlich.
Mattiolis Blick fällt dabei auf Banales, auf Alltägliches, auf Dinge, die uns gewöhnlich nicht auffallen, auf Zeichen der Struktur der Quartiersgesellschaft, auf das Nebeneinander von Gebautem und Gewachsenem, von Beton und Blümchen. Diese Dinge blitzt Pietro Mattioli auf.Seine Handlungen sind sachlich, ihr Resultat wirkt dennoch manchmal fremd, verfremdet, surreal.Auf der Spurensuche in der Baugenossenschaft
Die galerie lange + pult freut sich, die Einzelausstellung von Pietro Mattioli in den Zürcher Galerieräumen zu präsentieren.
Der Zürcher Künstler setzt sich mit Fragen der Bildlichkeit in Spannungsfeldern von Flächen und Tiefen, Innen und Aussen auseinander, lotet subtil Grenzen zwischen ikonographischem Einzelbild und übergeordneter Serie aus. Die Funktion des Rahmens wird dabei wichtig, betont die Isolation des Motives innerhalb des Bildes, schafft eine innere Grenze oder versetzt den Bildraum in eine Atmosphäre der Beengtheit oder der Geborgenheit, der Distanzierung oder der besonderen Zuwendung. Wenn Mattioli das Bild aber um seinen Rahmen erleichtert, direkt auf die Wand appliziert oder es wie eine Plastik auf einem Sockel erhebt, stellt er gewohnte Zuordnungen und klassische Sehgewohnheiten infrage. Durch seinen subtilen Umgang mit Bild im Raum wird dieser in seinen Koordinaten neu konstituiert: Wand- und Bildfläche verschränken sich, bilden eine Einheit – Raum wird flächig, Fläche wird räumlich.
Mattiolis Blick fällt dabei auf Banales, auf Alltägliches, auf Dinge, die uns gewöhnlich nicht auffallen, auf Zeichen der Struktur der Quartiersgesellschaft, auf das Nebeneinander von Gebautem und Gewachsenem, von Beton und Blümchen. Diese Dinge blitzt Pietro Mattioli auf.Seine Handlungen sind sachlich, ihr Resultat wirkt dennoch manchmal fremd, verfremdet, surreal.Auf der Spurensuche in der Baugenossenschaft Maler und Bildhauer Zürich an der Wuhrstrasse 8/10, die Pietro Mattioli seit 2002 präsidiert, gelangt der Künstler wie ein visueller Wächter zu neuen Entdeckungen, schaut da und dort rein, zieht durch das vertraute Gemisch aus denen von Ernst Gisel um 1953 erbauten architektonischen Elementen und den Überbleibseln des Zusammenlebens in den urbanen Maler- und Bildhauerbauten.Fotographisch geht er den Strukturen und Flächen – Wände, Böden, Türen oder gar alte Diafilme – die er in der Künstlergenossenschaft findet, auf den Grund und verzaubert sie durch ausgeklügelte Druckverfahren zu abstrakten Bildkompositionen. Die eloquente Reflexion über die Bildwerdung und Bildrezeption der fotographischen Trouvaillen endet in dem Anbringen von Kunstharzfarbe, die Mattioli in Punkten auf die Flächen draufträufeln lässt, worum sich diese auf den Prints verselbständigen und durch die unterschiedlichsten Fliessverfahren eigene Formen zu kreieren beginnen.
Unter dem Titel „Lunar caustic“ (lat. luna„Mond“, gr. kaustos„verbrannt“), können die neu geschaffenen Kunstwerke einerseits an die im Mittelalter vorherrschende alchemistische Bedeutung des Mondes erinnern oder aber auch an die Verwendung von Silbernitrat als Emulsion zur Entwicklung der frühen schwarz / weiss Fotografie. Diese Dualität inszeniert der Künstler selber in alchemistischen Prozessen oszillierend zwischen Pixeln der Fotografie, Pigmenten der Malerei und realen Lehmgüssen der Bildhauerei um dem Vokabular der an der Wuhrstrasse vorherrschenden Künsten auf den Grund zu gehen. Als Alchemiker lässt er die architektonischen Vorgegebenheiten zu Kunstwerken werden, giesst Farbe über die Fotografien und Lehmgüsse der Baugenossenschaft und bildet so bildnerische Skulpturen, die es vermögen, über ihre Modellhaftigkeit hinausgehen zu können.
Im zweiten Raum der Ausstellung wird das Spiel mit den Äquivalenzen zwischen Malerei und den Grundformen der Bildhauerei weitergeführt. Hier hat sich die Farbe der gesprayten Punkte in eine mystische Aura selbstverwirklicht und kann nur noch durch den Rahmen gestoppt werden. Zu guter Letzt stellt die „Angst on Wheels / Paravan“-Serie spielerisch Perspektive und Räumlichkeit in Frage, wobei der heraldische Schriftzug „Angst“ des Fleischtransporters gleichsam zynisch dessen Hintergründe bespitzelt.
Pietro Mattioli wurde 1957 in Zürich geboren, wo er heute noch lebt und arbeitet. Er besuchte die Kunstgewerbeschule Zürich und absolvierte darauf die Ausbildung zum Fotografen. Er war Kurator des “Raums für zeitgenössische Schweizer Fotografie” der Coal Mine Fotogalerie in Winterthur und leitete Technik, Sammlungsbetreuung, Aufbau und Gestaltung der Ausstellungen des Fotomuseums Winterthur. Bis heute ist er als freier Kurator und Herausgeber von Publikationen tätig. Neben zahlreichen Einzelausstellungen in Galerien und Institutionen gehören zu seinen jüngsten Gruppenausstellungen unter anderem “Das Fotobuch und seine Autoren”, Graphische Sammlung, Nationalbibliothek, Bern (2016); “Beastly/Tierisch”, Fotomuseum, Winterthur (2015), “Nachtbilder”, Aargauer Kunsthaus, Aarau (2015); “L’art se livre”, Musée des Beaux-Arts, Le Locle (2015); “Die Krawatte. Männer macht Mode”, Landesmuseum (2014), Zürich.
Michèle Meyer